Zum 10-jährigen Jubiläum von „Kind willkommen“
Liebe Mitglieder, Freunde und Förderer des Vereins „Kind Willkommen“,
Mir hat kürzlich jemand eine kleine Geschichte erzählt, die mir gut zu dem Ziel, das wir uns mit unserem Verein Kind Willkommen gesetzt haben, zu passen scheint.
Sie erzählt von einem alten Mann, der am Meer wohnt. Er kennt das raue Meer und seine Gefahren und ist ganz und gar damit vertraut. Jeden Morgen macht er einen kleinen Spaziergang am Strand entlang. Eines Tages sah er von weitem einen kleinen Jungen, der vorsichtig etwas aufhob und ins Meer warf. Er ging näher heran und fragte den Jungen, was er denn da mache. Der Junge richtete sich auf und antwortete: „Ich werfe die Seesterne zurück ins Meer. Es ist Ebbe, und die Sonne brennt herunter. Wenn ich es nicht tue, dann sterben sie.“
„Aber, junger Mann“, erwiderte der Alte, „da hast Du Dir eine große Aufgabe gestellt. Ist dir eigentlich klar, dass hier Kilometer um Kilometer Strand ist. Und überall liegen Seesterne. Du kannst unmöglich alle retten, das macht doch keinen Sinn.“ Der Junge hörte höflich zu, bückte sich wieder, nahm einen Seestern auf und warf ihn lächelnd ins Meer: „Aber für diesen Einen macht es Sinn!“, sagte er.
Mich bewegt diese Geschichte und ich finde, sie ist ein schönes Bild für den Wert eines jedes einzelnen Menschen, jedes einzelnen Kindes und dafür, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die sich kümmern, die anpacken. Auch Jesus hat dem Einzelnen eine sehr hohe Bedeutung zugesprochen: !Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.!
Kein Kind soll verloren gehen – das ist das Motto des Vereins „Kind willkommen“ – jedes Kind ist wertvoll und wichtig und soll leben dürfen. Und so freue ich mich sehr, dass wir heute das 10-jährige Jubiläum unseres Vereins feiern können und gerne nutze ich die Gelegenheit, Ihnen allen sehr herzlich dafür zu danken, dass Sie mitmachen, dass Sie dabei helfen, dass Kinder auf die Welt kommen können.
Ein ganz besonderer Dank gilt – ich glaube, meine Damen und Herren, da sind wir uns alle einige – dem Ehepaar Dr. Schmid. Die Arbeit des Vereins ist ganz und gar mit dem Engagement dieser Beiden verbunden. Ohne Sie, liebe Frau Schmid, lieber Herr Dr. Schmid, gäbe es diesen Einsatz zugunsten von Kindern und Familien wahrscheinlich gar nicht mehr. Und ich weiß, welche Mühe Ihnen das manchmal alles bereitet hat.
- Homepage aufgebaut
- Flyer entwickelt
- Spender angesprochen
- Förderverein aufgebaut
- Die Paul-Lechler-Stiftung für eine Weile als Sponsor gewonnen u.v.m.
Sie haben sich dieser wichtigen Aufgabe voll und ganz verschrieben. Gründer der ersten Stunde warst auch Du, lieber Hans-Michael Bender, gemeinsam mit Hannelore Laukemann. Du warst damals EAK-Landesvorsitzender und hast die Sache vorangetrieben. Dabei kam und kommt uns allen zugute, dass Du als Anwalt wichtige juristische Fachkenntnisse für die Gründung und darüber hinaus einbringen konntest und kannst. Als früherer Landtagsabgeordneter hattest Du gute Kontakte und so standen das Sozialministerium und die CDU-Landtagsfraktion anfangs bei der finanziellen Ausstattung Pate. Dass Ihr die Diakonie mit ins Boot genommen habt und die Abwicklung der Förderung über die beiden Diakonischen Werke erfolgen kann, gibt uns absolute Sicherheit – sowohl hinsichtlich der korrekten finanziellen Abwicklung als auch hinsichtlich der professionellen Beratung der Betroffenen. Daher begrüße ich heute auch sehr herzlich die Vertreter der Diakonie Württemberg und Baden.
Ob wir heute feiern können, das war lange nicht sicher. In dieser Coronazeit war ja alles auf den Kopf gestellt und Veranstaltung, ja sogar Gottesdienste lange nicht möglich. Freuen wir uns also, dass wir nun schon einen guten Schritt weiter sind in unserem Bestreben, dieses Virus klein zu halten und daher heute zusammenkommen dürfen – wenn auch noch unter einschränkenden Bedingungen. Vielleicht hat uns Corona in manchem auch die Augen geöffnet: Vielleicht sehen wir wieder besser, wie wichtig Familien sind. Wenn’s hart auf hart kommt, braucht es Familien. Die Generationen rücken dann zusammen. Ich habe das in der Anfangszeit selber erlebt: 2 von unseren 3 Kindern kamen wieder nach Hause. Denn die Einschränkungen durch die Coronapandemie schienen unter dem Dach der Familie leichter zu ertragen zu sein als alleine in einem Studentenzimmerchen. Ich habe es da als Mutter von erwachsenen Kindern ja noch leicht gehabt, aber ich ahne, was Eltern von Schulkindern und Kleinkindern in diesem ungewöhnlichen Lock-Down geleistet haben.
Auch wenn es schlimme Vorkommnisse in Familien geben kann – wir hören ja leider immer wieder furchtbare Geschichten von Kindesmissbrauch oder sogar, dass Eltern ihre eigenen Kinder verkaufen und zulassen, dass sie geschunden, gequält, getötet werden und dass Internet leistet dieser Kriminalität noch Vorschub – im Idealfall ist die Familie ein Segen. Sie wirkt als Kitt der Gesellschaft und ist im positiven Sinne ihre kleinste und tragende Zelle. Sicher ist: Ohne Familie ist kein Staat zu machen. Das anzuerkennen und gerade Frauen, die sich für ein Kind entscheiden, zu stärken, darin haben wir immer unsere Aufgabe gesehen. Und ich freue mich immer sehr, wenn junge berufstätige Frauen schwanger werden und Mütter werden.
Wir hatten kürzlich in unserer Landtagsfraktion sogar ein eigenes kleines Fraktionsbaby: Meine Kollegin Christine Neumann-Martin brachte ihr Kleines immer mal wieder zu den Sitzungen mit, bis sie einen Betreuungsplatz fand. Ich meine, heutzutage sind wir viel toleranter geworden und die Gesellschaft akzeptiert es leichter, wenn Kinder auch an Orten auftauchen, wo sie eher unüblich sind. Also z.B. auch in einem Landtag.
Umso mehr schmerzen mich, wie Sie alle ganz genauso, die vielen Abtreibungen, die wir in Deutschland weiterhin zu verzeichnen haben. 100.000 sind es jährlich in Deutschland, auf Baden-Württemberg herunter gebrochen waren es im Jahr 2017 um die 10.000. Immerhin gab es in den letzten 20 Jahren einen Rückgang von ca. 30%. Der Großteil der Abtreibungen erfolgt bei Frauen zwischen 25 und 35 Jahren (46%). Es sind also nicht die ganz jungen Frauen, die abtreiben lassen. Wir kennen alle die Geschichte des § 218 und ich denke, sie ist so lang und so komplex, dass es besser ist, daran nicht mehr zu rühren. Ich erinnere mich gut daran, wie es nach der Wiedervereinigung darum ging, die zwei verschiedenen gesetzlichen Regelungen von Ost (Fristenlösung) und West (Indikationsmodell) zusammenzuführen – entstanden ist ein klassischer Kompromiss und seit 1996 haben wir das kombinierte Beratungs- und Fristenmodell. In der Beratung stellt sich oft heraus, dass die finanzielle Situation äußerst belastend ist. Rund 75% der Schwangeren, die sich an eine Beratungsstelle wenden, tun dies wegen finanzieller Probleme. Vom Staat gibt es eine Vielzahl von Hilfen und Unterstützungen und dennoch gab und gibt es Lücken. Rund 50.000 Euro kann unser Verein jährlich zur Verfügung stellen für schnelle und unbürokratische Hilfen für Frauen und Familien in Not. Das ist eine gute Ergänzung zu den staatlichen Leistungen und oftmals eine unbürokratische und schnelle Überbrückung von Notsituationen. Der kaputte Kühlschrank, der fehlende Kinderwagen, ein Wasserschaden in der Wohnung – so etwas kann den Alltag unglaublich beschwerlich machen und junge Frauen oder Familien in Sorge und Not stürzen.
Die Botschaft unseres Vereins lautet: Es gibt immer einen Ausweg. Wegen finanzieller Nöte soll kein Kind verloren gehen. Bei uns geht es nicht um den moralisch erhobenen Zeigefinger. Sondern wir wollen pragmatische Hilfe leisten. Wir halten es mit dem kleinen Jungen am Strand: Wir laufen wenigstens einige von diesen vielen Kilometern und bücken uns immer wieder, um kleine Seesterne ins rettende Meerwasser zu werfen – in dem Wissen, dass jeder Einzelne zählt und dass unsere Einsatz für jedes einzelne Kind von großer Bedeutung sein kann.
Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie alle dabei in all den Jahren so tatkräftig mitgewirkt haben und bitte Sie: Machen Sie weiter!