Eine Standortbestimmung
Die Christlich-Demokratische Union (CDU) und die Alternative für Deutschland (AfD) sind politische Gegner. Ihre Politik ruht theoretisch wie praktisch auf völlig unterschiedlichen Grundlagen. Sie haben andere Werte, einen anderen politischen Stil und ein anderes Verständnis unserer Demokratie. Während die AfD eine populistische und extremistische Gruppierung mit totalitären Tendenzen ist, agiert die CDU als demokratische Partei der Mitte, als integrierende Volkspartei, die auf der Grundlage ihres christlichen Menschenbildes einen Beitrag zur Gestaltung einer freien und pluralistischen Bürgergesellschaft leistet.
Die AfD nutzt die zunehmende Polarisierung unserer Gesellschaft, sie vertieft Gräben und schürt Ängste. Ihr politisches Kapital zieht sie in menschenverachtender Weise aus dem Hass auf den politischen Gegner, auf gesellschaftliche Minderheiten und die demokratische Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist weder eine patriotische noch eine bürgerliche Partei, sondern wird vielmehr mit Recht von den Verfassungsschutzbehörden kritisch beobachtet, da offen rechtsextreme Gruppierungen und antisemitische Haltungen eine wichtige Rolle in ihr spielen.
Es ist allerdings wichtig, zwischen den rechtsextremen Strippenziehern, den durchschnittlichen Parteimitgliedern bzw. Anhängern oder schließlich den Wählern zu differenzieren. Die Anhänger der AfD und zum Teil auch ihre Mitglieder sind gemischt: verrückte Verschwörungstheoretiker und militante Feinde unseres Staates finden sich darin ebenso wie Menschen, die sich von der Politik nicht gehört fühlen bzw. Bürgerinnen und Bürger, die mit Recht kritische Fragen beispielsweise zur Einwanderung, zu unsinnigen Genderkampagnen oder einer unsoliden Wirtschaftspolitik stellen. Wir müssen lernen, die verschiedenen Gruppen in der AfD und um die AfD gezielt zu adressieren: die Demagogen bekämpfen wir, um die Unterstützer kämpfen wir und für die berechtigten Wünsche der nicht gehörten Gruppen kämpfen wir.
Daraus ergibt sich eine strategische und taktische Bestimmung des Verhältnisses zwischen CDU und AfD:
- die Themen verstehen und bei berechtigten Anliegen demokratische Lösungen finden anstelle der destruktiven symbolpolitischen Antworten der AfD;
- die Anhänger ernst nehmen und immer wieder Brücken bauen, um ihnen den Weg zurück in demokratische Strukturen zu ermöglichen;
- den Parteiapparat und besonders die rechtsextremen Demagogen, die ihn dominieren, mit aller Schärfe bekämpfen.
Besonders wichtig ist, dass wir bereit sind, die regionalen Unterschiede ernst zu nehmen. In Baden-Württemberg muss der Umgang mit der AfD bei gleicher politischer Analyse in praktischen Fragen ein anderer sein als im Osten unseres Landes. Das bedeutet nicht, dass die Partei in bestimmten Ländern wie Thüringen oder Sachsen weniger kritisch gesehen werden sollte. Auch dort – und besonders dort – ist sie eine antidemokratische, gegen das Interesse Deutschlands gerichtete Kraft. Aber dennoch müssen wir die Ängste und Wünsche der Menschen beispielsweise in den neuen Ländern sehr ernst nehmen und uns klar machen, dass sie andere Fragen stellen, andere Erfahrungen mit unserem politischen und wirtschaftlichen System gemacht haben und andere Erwartungen an die Politik entwickeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer noch Ausdruck der Politik des Unrechtsstaates DDR gegen Bürgertum, wirtschaftliche Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, christliches Denken und demokratischen Pluralismus. Die innere Vereinigung unseres Vaterlandes liegt noch in der Zukunft – auch dafür steht die AfD.
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass wir mit vielen Menschen im AfD-Spektrum weiterhin reden sollten, auch wenn wir die rechtsextremen Strömungen in der Partei ablehnen. Keinesfalls sollten wir uns der Strategie der Linken anschließen, die Gruppe der nicht mehr Diskussionsfähigen möglichst groß zu machen. Es darf auch keine willkürliche Ausgrenzung demokratisch gewählter Abgeordneter geben – und wir sollten die politische Gewalt, die sich gegen die AfD richten, immer klar verurteilen.
So wird klar, dass wir – im Gegensatz zur AfD – ein Wertefundament haben, in dem sich unsere Anerkennung des Mitmenschen als Kind Gottes mischt mit unserer Gestaltung der bürgerlichen Demokratie. Wir sind keine Kulturkampfpartei und keine „antilinke“ oder „antirechte“ Gruppierung, sondern bilden das Herz der demokratischen Kultur in Deutschland. Als letzte verbliebende Volkspartei müssen wir diesem Anspruch gerecht werden – gerade in stürmischen Zeiten. Die Partei Konrad Adenauers, Ludwig Erhards, Helmut Kohls und Angela Merkels wird die Wutattacken von links wie von rechts überstehen und sich durch sie weiterentwickeln.