Die neue Parlaments-Vizepräsidentin Sabine Kurtz hat in der vergangenen Woche mit der SWP über den Vorwurf der Schwulenfeindlichkeit, den holprigen Start und die Koalitionskrise gesprochen.
Im Landtag sitzt Sabine Kurtz schon seit zwölf Jahren, doch seit vergangener Woche sitzt sie dem Parlament auch vor – jedenfalls stellvertretend. Die CDU-Abgeordnete aus Leonberg wurde zur neuen Vizepräsidentin gewählt. Allerdings erst im zweiten Wahlgang und nach einigem Aufruhr. Ein Gespräch:
Frau Kurtz, haben Sie etwas gegen Homosexuelle?
Nein, überhaupt nicht! Ich weiß auch gar nicht, wie die Frage aufkommt.
Der Landesvorsitzende Ihres grünen Koalitionspartners, Oliver Hildenbrand, hat Ihre Haltung zu diesem Thema massiv kritisiert.
Dann hat Herr Hildenbrand einfach nicht richtig zugehört.
Könnten Sie das ausführen?
Hildenbrand ist zwar nicht Mitglied der Grünen-Fraktion, aber als ich mich vor meiner Wahl dort vorgestellt habe, hat er mir einen langen Vortrag gehalten, über meine angebliche Unterstützung der „Demo für alle“. Dabei habe ich mit der überhaupt nichts zu tun. Dann hat er mir vorgeworfen, mich an eine Ärztin mit irgendwelchen Behandlungsmethoden für Homosexuelle zu halten. Ich solle mich von ihr distanzieren. Ich kenne aber weder diese Ärztin persönlich, noch deren Methoden. Warum sollte ich mich dann distanzieren? Am Ende habe ich auf die klare Frage, ob ich Homosexualität für eine psychische Krankheit halte, klar geantwortet: Ich halte Homosexualität überhaupt nicht für eine Krankheit.
Trotzdem fielen Sie bei der Wahl zur Landtags-Vizepräsidentin durch. Ein zweiter Urnengang wurde nötig.
Dass Herr Hildenbrand mir am nächsten Morgen vor der Wahl über die Medien vorwarf, ich hätte mich von irgendetwas nicht ausreichend distanziert und sei unqualifiziert für das Amt, fand ich absolut unfair. Meine Antworten passten ihm wohl nicht ins Konzept, er hatte sein Feindbild im Kopf.
Der Vorgang wurde als Machtprobe und Koalitionskrise wahrgenommen. Ist nun alles ausgeräumt?
Wir sind alle Profis genug, um zu wissen, was dieses Land braucht. Das ist eine handlungsfähige Regierung. Deswegen: Die CDU will, dass diese Koalition funktioniert.
Aber die Grünen scheinen Sie aufs Korn genommen zu haben. Es gibt Forderungen, Sie sollen den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zur „Zulagen-Affäre“ abgeben.
Das war gleich das erste Thema der Grünen-Fraktionssitzung. Ich sehe zwar überhaupt kein Problem darin, beiden Ämtern zeitlich gerecht zu werden, habe aber zugesagt, darüber nachzudenken.
Und?
Ich beuge mich da keinem Druck. Ich prüfe das in aller Ruhe und werde in enger Abstimmung mit meiner Fraktion entscheiden, vielleicht auch erst nach Pfingsten. Die Ausschusssitzung am Montag leite ich auf jeden Fall.
Dann wird auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wieder gehört. Was erwarten Sie?
Wir möchten mit der Ministerin zwei Themen besprechen: die Vorgänge an der Hochschule Konstanz, wo es Unregelmäßigkeiten gibt, und ein Gutachten zur Zulagenaffäre an der Hochschule Ludwigsburg. Deren Rektor hatte zugesagt, uns das Gutachten zukommen zu lassen. Das Ministerium hat das aufgehalten.
Der Ausschuss ermittelt seit gut einem Jahr. Ihr Zwischenfazit?
Wir haben die wesentlichen Zeugen gehört und eine Ermittlungsbeauftragte eingesetzt, um Dinge zu untersuchen, die an der Hochschule Ludwigsburg noch wabern. Wir haben viel abgearbeitet, müssen aber noch einiges sortieren. Ich denke nicht, dass sich die Ausschussarbeit noch ewig hinziehen wird.
Am Mittwoch leiten sie erstmals als Vizepräsidentin eine Plenarsitzung. Haben Sie sich etwas vorgenommen?
Mir ist es ein Anliegen, das Parlament fraktionsübergreifend und neutral nach außen zu repräsentieren und dazu beizutragen, dass wir eine angemessene, würdige Arbeitsweise einhalten.
Das Gespräch führte Axel Habermehl. Das gesamte Interview finden Sie auch auf der Homepage der SWP.