Parlamentarischen Abend Automaten-Verband Baden-Württemberg e.V. und des Dachverbands Die Deutsche Automatenwirtschaft e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Parlamentarische Abende sind eine gute und wichtige Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen oder im Gespräch zu bleiben. Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen darf ich Ihnen daher sehr herzlich für Ihre heutige Einladung danken.

Ich habe Ihnen eine kleine Geschichte mitgebracht. Sie stammt von einem  Literaturwissenschaftler mit dem Namen Wolfram Ette: „Es gab in der Kindheit diese Kaugummiautomaten. Sie waren auf unserer Augenhöhe angebracht, dort, wo die Erwachsenen selten hinsahen, weil sich dort nichts für sie Wichtiges befand. Wie Schwalbennester klebten sie an den Häuserwänden, ein rotes oder blaues Metallgehäuse umgab eine Dose aus meist milchig gewordenem Plastik, die die begehrte, schlecht sichtbare Ware enthielt.

Die Automaten funktionierten mit Hilfe eines Drehmechanismus. Man legte zehn Pfennig quer in eine dafür vorgesehene Öffnung. Dann ließ sich der Griff nach rechts drehen – schon das Knacken, mit dem die Münze den Sperrmechanismus löste, deren Widerstand sich der Hand mitteilte, bereitete Lust –, und unten, aus einer Art Maul, rollte das blassfarbene Kaugummi heraus. Der Vorgang war risikobehaftet. Der Drehgriff war so angelegt, dass er manchmal zurückschnappte. Deswegen musste die linke Hand helfen und den eher zu kleinen Griff festhalten. Die rechte Hand konnte dann umgreifen und die Runde vollenden. Wenn es misslang, hatte man meistens Glück und die Münze war noch am Ort. In seltenen Fällen war sie durchgefallen. Dann hatte man verloren. Allerdings entsprach diesem Verlustrisiko eine komplementäre Chance. Ganz selten rutschten zwei Kaugummis durch. Unzählige Male versuchte ich, diesem Vorgang durch ein sachtes Hin- und Herbewegen des Griffs an der richtigen Stelle nachzuhelfen. Vergeblich: Die zufällige Lage der Kaugummis ließ sich nicht beeinflussen; das Glück musste auf meiner Seite sein.“

Meine Damen und Herren, heute findet man nur noch wenige dieser Automaten. Aber man muss nicht Philosoph und Literaturwissenschaftler sein wie Wolfram Ette, um sich so voll Nostalgie an Kaugummiautomaten der Kindheit zu erinnern, an denen sich der Kindertraum vom Glück festmacht. Auch wenn die Kaugummis, die aus den Automaten kullerten, hart und trocken waren.  Wie das manchmal so ist mit dem erhofften Glück. Diese roten oder blauen Metallgehäuse waren sicher keine Glücksspielautomaten, und doch war schon dieser erste Automat, dem das Kind begegnete, ein Anreiz, das Spiel mit dem glücklichen Zufall zu wagen.

Ein Spiel, das so alt ist wie die Menschheit selbst. Dass das Spiel mit dem Glück eine politische Seite hat und alles andere als nur ein harmloses Kinderspiel ist, da erzähle ich Ihnen als verantwortungsbewusste Mitglieder des Automaten-Verbandes Baden-Württemberg und der Deutschen Automatenwirtschaft natürlich nichts Neues. Die heutigen Spielautomaten-Designer haben die Kunst perfektioniert, Spieler so zu verstärken, dass sie immer weiterspielen und möglichst viel Geld verlieren.

Und es ist kein Geheimnis: Der Staat verdient dabei mit. Jährlich erhält der Staat ca. 2,5 Mrd. Euro aus Steuern und anderen Abgaben. Unsere Aufgabe in der Politik ist es – so ist es im Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer vereinbart – „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“.

Schon jetzt ist das Automatenspiel streng reguliert. Ich weiß, dass sich die Deutschen Automatenverbände ihrer Verantwortung bewusst sind. Denn auch Ihnen ist nicht daran gelegen, mit krankhaftem Spiel oder mit süchtigen Spielern ihr Geld zu verdienen.

Und deshalb setzen Sie nicht nur die gesetzlichen Regelungen um. Sondern Sie entwickeln auch eigene Maßnahmen wie z.B. die Zertifizierung von Spielhallen oder Mitarbeiterschulungen. Deshalb haben Sie auch die Qualitätsinitiative 2020 ins Leben gerufen.

Auf der anderen Seite sind auch wir in der Politik gefordert, die gesetzlichen Reglungen an geänderte  Rahmenbedingungen anzupassen. Denn wir haben es bei der zunehmenden Digitalisierung auch des Glücksspiels mit einer großen Herausforderung für den Schutz gerade von Jugendlichen und im Kampf gegen die Spielsucht zu tun.

Wie in vielen Fachbereichen sind wir Politiker aufgerufen, dafür zu sorgen, dass das, was im echten Leben gilt  – Sie nennen das in Ihrem Fachbereich das terrestrische Spiel – auch in der virtuellen, der digitalen Welt gilt. Die Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim geht davon aus, dass derzeit  das illegale und unregulierte Angebot im Internet den Markt mit 83 % dominiert. Wir haben es also mit verschiedenen Wettbewerbsverzerrungen zu tun und es ist nachvollziehbar, dass in allen Bereichen des Glücksspiels vergleichbare Reglementierungen greifen müssen. Das fängt mit dem Werbeverbot an, das z.B. für Sportwetten anders aussieht als für das Automatenspiel.

Insgesamt scheint mir, dass es sich bei Ihrer Branche um eine besonders komplexe Materie handelt.  Das hat auch damit zu tun, dass Sie von sehr unterschiedlichen Gesetzen auf verschiedenen Ebenen betroffen sind: Gewerbeordnung des Bundes, Spielverordnung des Bundes, Glückspielstaatsverträge der Länder, Glückspielgesetz des Landes

In diesem Sinne ist der Dialog heute Abend eine gute Gelegenheit, sich mit Ihren Anliegen vertraut zu machen und gemeinsam über die bestehenden Herausforderungen und über mögliche Lösungen zu sprechen, insbesondere im Vorfeld des nächsten Glücksspieländerungsstaatsvertrags.

Wir sind gespannt auf die Impulse und den Austausch mit Ihnen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.