Haushaltsdebatte: Wissenschaft und Forschung sind elementar für alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche!

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissenschaft und Forschung spielen sich schon lange nicht mehr im Elfenbeinturm ab. Wissenschaft und Forschung sind elementar für unser Leben, für alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Felder und daher auch eng mit all dem vernetzt.

Die digitale Transformation, die wir derzeit erleben, wird besonders in unseren Hochschulen und Forschungseinrichtun- gen vorbereitet, dringt nach außen und verändert ganz massiv unser Leben. Davon berührt werden Produktion, Dienstleis- tung und Handel, aber auch Medizin, Gesundheitsprävention und Pflege, die Verwaltung jeder Kommune, die Finanzge- schäfte jeder Bank, Landwirtschaft und Ernährung und einfach das Alltagsverhalten der Bürgerinnen und Bürger.

Hier im Haus haben wir mehrfach über die Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft debattiert. Wir sind uns einig darin, dass es uns gelingen muss, die Erkenntnisse, die die Wis- senschaft hervorbringt, in Unternehmen zu transportieren, in Produkte zu übersetzen und auf dem Markt zu platzieren.

Mit einem Anteil von 4,9 % des Bruttoinlandsprodukts inves- tieren bei uns in Baden-Württemberg die öffentliche Hand und die Unternehmen so viel wie in kaum einem anderen Bundesland. Im Durchschnitt liegt der Wert in Deutschland bei ungefähr 3 %; wir liegen also sehr weit vorn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Wenn wir sehen, wie die mittelständischen Unternehmen in unserem Land den Studierenden speziell in den ingenieurwis- senschaftlichen Fächern geradezu den roten Teppich ausrollen und ihnen wirklich schon beachtliche Vergütungen nur für ein Praktikum anbieten, nur damit sie schon ihre Bachelorarbeit im Unternehmen schreiben, dann sehen wir doch, dass die Wirtschaft die Herausforderung verstanden hat und den engen Schulterschluss und die enge Verbindung mit der Wissenschaft sucht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Ich glaube, Baden-Württemberg ist für die Herausforderung dieser digitalen Transformation bestens aufgestellt und auch fest entschlossen, die Chancen, die darin liegen, zu nutzen. Wir verfügen über eine gute, dezentrale, differenzierte Hoch- schullandschaft – denken Sie an die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die Standorte der Dualen Hochschule, die mit den Unternehmen in den Regionen eng vernetzt sind, genauso wie unsere exzellenten und renommierten Uni- versitäten. Wir haben auch eine breite Palette außeruniversi- tärer Forschungseinrichtungen hier im Land.

Das Wissenschaftsministerium verfügt nicht umsonst über den zweitgrößten Einzelplan dieses Gesamthaushalts.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Das Volumen umfasst 5,2 Milliarden € im Jahr 2018 und 5,3 Milliarden € im Jahr 2019. Dazu kommen noch Baumaßnahmen, die gar nicht in diesem Einzelplan zu Buche schlagen, weil sie im Finanzministerium geführt werden.

Allerdings, meine Damen und Herren, stehen wir gerade im Bereich des Hochschulbaus vor wirklich großen Herausfor- derungen. Ich will das Thema hier nicht im Einzelnen anführen. Es ist ja auch keines, das speziell nur Baden-Württem- berg betrifft. Kein Bundesland hat es offensichtlich aus eigener Kraft verstanden, alle notwendigen Sanierungen und Neu- baumaßnahmen im Hochschulbereich vorzunehmen. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 hat sich da einiges ange- staut. Im Jahr 2019 werden auch die bisher noch ießenden Entflechtungsmittel des Bundes entfallen. Es wird also höchs- te Zeit, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir den Hochschulbau effizienter gestalten können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Viele Hochschulen fordern ja schon lange die Möglichkeit einer eigenen Bauherreneigenschaft. Ich glaube, wir müssen jetzt recht schnell gemeinsam ausloten, welche Spielräume es für eine sukzessive, eine modellhafte, eine mit Bedingungen belegte Übertragung von Bauherreneigenschaften auf die Hochschulen selbst möglicherweise gibt. Wir von der CDU sind jedenfalls gewillt, dieses Thema vehement anzugehen.

Meine Damen und Herren, die CDU hat – das ist eben auch schon angesprochen worden – früh erkannt, dass die Hoch- schulen bei ihrer Finanzierung Planungssicherheit brauchen.

Deswegen haben wir ja das Instrument der Hochschulpakte erfunden. Die Hochschulen erhalten da über einen längeren Zeitraum hinweg, als ihn ein Doppelhaushalt abdeckt, Finanzierungszusagen. Wir freuen uns, dass auch die vorherige, grün-rote Landesregierung einen solchen Hochschulfinanzierungsvertrag 2015 abgeschlossen hat. Er hat eine Gültigkeit bis zum Jahr 2020. Der Kollege Salomon hat es eben auch schon gesagt: Wir müssen demnächst in die Verhandlungen zu dem Folgevertrag einsteigen. Meiner Ansicht nach müssen wir nicht so viele zusätzliche Politikziele daran koppeln. Aber das werden wir dann sehen.

Tatsache ist jedoch auch: Durch solch einen Hochschulfinanzierungsvertrag wird der Spielraum eines Einzelplans ganz stark eingeschränkt. Die zugesagten Verpflichtungen müssen und sollen natürlich eingehalten werden, aber sie binden doch auch ganz extrem Mittel.

Dazu gehören z. B. auch die Qualitätssicherungsmittel, die die Vorgängerregierung den Hochschulen versprochen hat. Die steigen ja jetzt an. Sie erinnern sich: Bei der Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren im Jahr 2012 wurde den Hochschulen zugesagt, dass sie stattdessen steuer nanziert sogenannte Qualitätssicherungsmittel erhalten. 280 € pro Student waren damals zugesagt. Bisher flossen damit 173,4 Millionen € an die Hochschulen. Doch weil die Zahl der Studierenden jetzt steigt, müssen natürlich auch diese Qualitätssicherungsmittel angehoben werden. Das sind noch einmal erkleckliche Summen.

Neuerdings werden diese Qualitätssicherungsmittel in die Grundfinanzierung überführt; sie haben also, von den Studi- engebühren kommend, eine ziemliche Geschichte hinter sich. Jetzt gibt es neue Studiengebühren, wobei man sagen muss: Es ist gut, dass den Hochschulen davon auch Mittel verbleiben – 300 € von 1 500 € pro Semester. Das brauchen die Hochschulen auch für den Betreuungsaufwand, den sie für diese Klientel leisten müssen.

Aber, meine Damen und Herren, aus unserer Sicht hätte es dieser Springprozession, ehrlich gesagt, nicht bedurft: Ab- schaffung der Studiengebühren, Überführung der Qualitätssicherungsmittel in Grundmittel und jetzt Einführung neuer Studiengebühren. Aber wir geben zu, die Hochschulen brauchen dieses Geld,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

vor allem, wenn wir uns anschauen, mit welchen Einsparauflagen das Wissenschaftsministerium belastet wird. Es ist wirklich eine ganz hohe Summe, die dem Ministerium als Einsparauflage aufgeladen wird: ab 2019 dauerhaft jährlich 94,6 Millionen €. Das ist wirklich viel und schmerzhaft, vor allem, wenn wir betrachten, welche weiteren Verpflichtungen den Spielraum des Wissenschaftsministeriums einengen.

Sie wissen, dass Bund und Länder eine neue Exzellenzstrategie aufgelegt haben, und wir hoffen natürlich, dass die Anträ- ge aus Baden-Württemberg dabei erfolgreich sein werden. Es sieht im Moment auch ganz danach aus. Aber 25 % der Kosten für jedes Projekt muss das Land dann selbst übernehmen. Dafür sind für 2019 vorsorglich 26 Millionen € eingestellt. Zusätzlich wollen wir natürlich die auslaufenden Projekte der Exzellenzinitiative II auch langfristig sichern. Denn nur so können wir hier aus diesem Bund-Länder-Programm wirklich langfristig Honig saugen und die strukturellen Wirkungen und Erfolge für unseren Wissenschaftsstandort sichern.

Aber wir sind davon überzeugt: Auch wenn diese beachtlichen Mittel jetzt und im künftigen Haushalt fest gebunden sind, ist es gut angelegtes Geld; denn diese Mittel dienen unserem Forschungsstandort und der Exzellenz im Land.

Doch ich will betonen, dass wir auch eigene Akzente im Land setzen. Ein Beispiel dafür ist die „High Performance Computing“- Strategie des Landes. Dafür investieren wir bis 2024 76 Millionen € in das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart. Dieser Höchstleistungsrechner wurde schon 1996 als erstes nationales Bundeshöchstleistungsrechenzentrum eingerichtet und ist seit 2007 mit einem vergleichbaren Zentrum in Jülich und in München-Garching vernetzt. Das ist also wirklich ein ganz spezieller Klub, will ich mal sagen. Dieser Höchstleistungsrechner dient natürlich in erster Linie Wissenschaft und Forschung.

Aber auch die bei uns angesiedelten großen Konzerne lassen dort rechnen. Was ich wirklich ganz speziell finde, ist, dass dieses Höchstleistungsrechenzentrum die freien Kapazitäten auch kleinen und mittleren Unternehmen anbietet, damit sie dort rechnen lassen können. Sie pro tieren davon. Das passiert nicht nur mit der Automobilindustrie, sondern beispiels- weise auch mit der Filmwirtschaft hier in der Raumschaft. Auch dies ist ein wunderbares Zusammenwirken von Wissen- schaft und Wirtschaft.

Ich nde es wichtig, dass wir diese Weichen so stellen, um solche Forschungsleuchttürme bei uns in Baden-Württemberg zu haben.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr und Alexander Salomon GRÜNE)

Ich will noch einmal deutlich sagen: Wir brauchen diese Finanzierungsmöglichkeiten. Wir wollen Wissenschaft und For- schung im Land stärken. Solche Einsparauflagen, die das Ministerium jetzt verkraften muss, sind wirklich bitter. Es sind Investitionen in die Zukunft im besten Sinn des Wortes. Ich glaube, dass die digitale Transformation uns wirklich noch sehr viel abverlangen wird. Es ist wichtig, dass wir bei dem Neuland, das wir da betreten, wirklich exzellente Wissen- schaftler an der Seite haben, die uns fragend, forschend und entwickelnd auf diesem Weg begleiten. Meine Damen und Herren, dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen. Ich bitte um Ihre Unterstützung.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)