Grußwort beim Bauernverband Nordschwarzwald-Gäu-Enz e.V. Bauerntag 2024 am 03.02.024 in Neulingen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Viele von Ihnen haben sich in den vergangenen Wochen mächtig ins Zeug gelegt und wir alle hatten und haben großen Redebedarf. Da kommt Ihr Bauerntag gerade recht.

Ich finde, liebe Landwirte und liebe Bäuerinnen, Sie haben in den vergangenen Wochen ganz viel geschafft.

Zuerst einmal: Sie haben es geschafft, dass alle über Landwirtschaft reden! Sie bestimmen die Schlagzeilen in unseren Tageszeitungen, im Radio wird über einzelne Betriebe und ihre Wirtschaftsweise gesprochen, im Fernsehen haben wir Ihre Traktoren und Maschinen gesehen – an Ihnen kam keiner vorbei! Und das nicht nur theoretisch und in den Diskussionen, sondern auch ganz praktisch kamen wir nicht an Ihnen vorbei. Alle anderen Fahrzeuge mussten warten. Aber die meisten Menschen zeigten dabei viel Geduld und Verständnis und hörten Ihnen zu.

Das liegt nicht nur daran, dass Sie – jedenfalls bei uns in Baden-Württemberg – zivilisiert demonstriert haben.

Sie haben Rettungsgassen freigehalten, einen guten Austausch mit der Polizei gepflegt und Sich die meiste Zeit an die Vorschriften und Auflagen gehalten. Es liegt auch daran, dass Sie es geschafft haben, Sympathie und Verständnis zu erzeugen. Sie haben ganz viel Information und Aufklärung geleistet. Die Verbraucher und Bürgerinnen haben verstanden, dass Sie es sind, die für unsere Ernährung sorgen und dass Sie ganz viele zusätzliche Aufgaben übernehmen, die unserer Gesellschaft wichtig sind und die gut für die Umwelt sind.

Ich persönlich kann Ihren Unmut sehr gut nachvollziehen und ich darf das auch für unseren Minister Peter Hauk sagen, genauso wie für die CDU und ich denke, kaum einer der vielen Abgeordneten, die heute Ihrer Einladung gefolgt sind, wird widersprechen. Denn alle dürften verstanden haben: Die Landwirte demonstrieren nicht für

mehr Lohn oder für eine bessere Work-Life-Balance. Die meisten von Ihnen arbeiten viel mehr als acht Stunden täglich, sondern sieben Tage die Woche und zwar bei Wind und Wetter.

Die Einkommen, die Sie dabei erwirtschaften können, bleiben sehr überschaubar. Aber Landwirte hängen einfach an ihrem Beruf, an ihrer Berufung und sei es im Nebenerwerb.

Unsere Bauern, meine Damen und Herren, wollen schlicht und einfach auch in Zukunft Nahrungsmittel produzieren.

Diese Aufgabe liegt ihnen einfach im Blut. Damit sind die meisten von ihnen aufgewachsen. Deswegen wollen sie ihren Familienbetrieb verlässlich in die Zukunft führen und ihren Kindern einen intakten, gut aufgestellten Hof übergeben.

Es ist schön zu sehen, mit welcher Entschlossenheit und vor allem mit welcher Geschlossenheit sich die Landwirtschaft jetzt Gehör verschafft hat. Bauernverband und LSV, ökologischeund konventionell wirtschaftende Bauern, Haupterwerb und Nebenerwerb, diejenigen, die mit Sonderkulturen arbeiten, Milch- und Ackerbauer – alle haben an einem Strang gezogen. Ich kann nur sagen: Respekt!

Jeder weiß mittlerweile: Die Bundesregierung will ihr Haushaltsproblem auf dem Rücken einer kleinen Berufsgruppe lösen. Der Bundestag hat das gestern auch so beschlossen: Bis 2026 wird es keine Rückerstattung von Agrardieselsteuern mehr geben. Dabei weiß jeder, dass es für die Landwirtschaft gar keine Alternativen zum Agrardiesel gibt. Man kann den Dieseltank bei einem modernen Schlepper nun mal nicht durch ein paar Batterien ersetzen.

Aber Ihr Protest hatte dennoch Erfolg, meine Damen und Herren. Zum einen in der Öffentlichkeit – das habe ich eben schon erwähnt. Aber auch bei vielen Landesregierungen sind Sie auf offene Ohren gestoßen.

Deswegen hat der Bundesrat das Thema gestern von der Tagesordnung genommen. Er will in Ruhe und nicht im Hauruckverfahren darüber beraten. Erst im März wird er über das Haushaltsfinanzierungsgesetz beraten. Es ist zwar kein zustimmungspflichtiges Gesetz. Aber der Bundesrat kann sein Veto einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Jetzt bleibt also noch bis zum 22. März Zeit für Überzeugungsarbeit und für bessere Kompromisse. Das haben Sie mit Ihren Demonstrationen bewirkt!

 

Sie haben auch die Europäische Kommission zum Nachdenken gebracht. Das ist ein weiterer Erfolg! Die Europäsiche Kommission hat vor zwei Tagen vorgeschlagen, dass die Landwirte nicht 4 % Ackerfläche brach liegen lassen müssen. Das war ja eigentlich vorgesehen mit GLÖZ8. Und dass sie trotzdem ihre Basisdirektzahlungen erhalten. Meine Damen und Herren, dieses Angebot ist einfach nur vernünftig und sinnvoll! Denn wir brauchen jedes Prozent der Ackerflächen, in unserer kleinteiligen Landwirtschaft in Baden-Württemberg sowieso. Wir brauchen unserer landwirtschaftlichen Flächen zur Selbstversorgung und wir wollen unseren Betrag dazu leisten, dass alle Menschen auf der Welt zu essen haben. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Ampel-Regierung in Berlin diese Möglichkeit, die die EU-Kommission angeboten hat auch nutzt!

 

Der Bundeslandwirtschaftsminister hat jetzt noch knapp zwei Wochen Zeit, um alle roten, grünen und gelben Minister in der Ampel-Regierung davon zu überzeugen, dass bei uns nicht 4 % der Ackerflächen ungenutzt und brach liegen bleiben sollten. Fordern wir also hier und heute die Bundesregierung dazu auf, innerhalb von 14 Tagen grünes Licht zu geben für die Nutzung dieser Flächen!  Fordern wir dazu auf, dass das unbürokratisch umgesetzt wird! Fordern wir, dass diese Regelung verlängert wird. Das soll nicht nur in 2024 gelten sondern für die ganze Förderperiode, also bis 2027.

 

Ich weiß, dass diese Erleichterung, von der wir alle seit zwei Tagen wissen, für Sie jetzt sehr kurzfristig kommt. Die meisten von Ihnen haben ja ihre Planungen für dieses Jahr schon abgeschlossen. Aber vielleicht können sie die Chance doch noch nutzen und auf diesen 4% etwas ausbringen, z.B. die stickstoffbindenden Leguminosen.

 

Meine Damen und Herren, Ihre Proteste waren also dreifach erfolgreich: Bei der Bevölkerung, im Bundesrat

und bei der EU-Kommission. Natürlich ist es bedauerlich, dass Sie dazu so laut werden mussten. Das darf nicht dauerhaft Stil bei uns in Deutschland werden. Demos, Kundgebungen, Streiks zeugen von Spaltungen in unserer Gesellschaft, von fehlendem Verständnis für einander.

 

Das muss aufhören, meine Damen und Herren. Das schadet unserer Demokratie und unserem friedlichen Zusammenleben. Sie sehen ja gerade in anderen Bundesländern, wie auch Demos von Landwirten aus dem Ruder laufen können.

Deswegen bitte ich Sie auch hier und heute:

  • Machen Sie aus Demonstrationen und Kundgebungen keine neue Mode.
  • Achten Sie bitte darauf, dass Ihre Demos nicht gekapert und unterwandert werden,
  • achten Sie darauf, dass Sie sich nicht mit falschen Freunden verbünden
  • setzten Sie sich für Ihre Interessen am Verhandlungstisch ein, so, wie es Ihr Bauernpräsident ja schon angekündigt hat.
  • Bleiben Sie, bleiben wir im Gespräch miteinander.

Ich kann Ihnen versichern, Sie haben uns an Ihrer Seite!