Ausstellungseröffnung Heimatmuseum Flacht
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Maria – ihm schmeckt’ s nicht!
Meine Damen und Herren, können Sie sich vielleicht an diese urkomische Filmkomödie erinnern? Maria – ihm schmeckt’ s nicht? Sie basierte auf einem wunderbar witzigen, warmherzigen Buch mit dem Untertitel „Geschichten von meiner italienischen Sippe“ aus dem Jahr 2003. Axel Hacke hat darin die deutsch-italienischen Verwicklungen eines jungen Paars beschrieben, das heiraten möchte – die Eltern der jungen Italienerin bestimmen, dass dies in Campobello zu erfolgen hat und dort macht der deutsche Jan seinen Antrittsbesuch, um förmlich um die Hand seiner Angebetenen anzuhalten. Es folgen allerhand Verwicklungen, die – zugegeben – viele Klischees bedienen und trotzdem kommt man aus dem Lachen nicht heraus. Dabei spielt das Essen eine große Rolle – wir leiden mit, wenn der junge Jan versucht, sich mit einer Allergenallergie rauszureden, als ihm ein kompletter Tintenfisch mit schwarzen Armen und scheußlichen Saugnäpfen serviert wird.
Meine Damen und Herren, Sie hören an meiner Sprache, dass ich ebenfalls nicht mit Linsen und Spätzle groß gezogen wurde. Erst als ich selber Kinder hatte, lernte ich Maultaschen zu schätzen und fragte mich, wie man in anderen Regionen Deutschlands kleine Kinder beruhigen könnte, ohne dass man ein salziges Brezelbeinchen zu Hand hat, an dem die Kleinen lutschen können. Aber die Zeiten haben sich verändert und heute gehören Pizza und Spagetti schon längst auf jede deutsche Speisekarte, von Bulgur, Döner und Polenta, Bulger ganz zu schweigen. Da liegt es auf der Hand, dass sich auch das Heimatmuseum Flacht beim internationalen Museumstag, den wir heute feiern, der Frage widmet, wie Einwanderung unsere Ernährung beeinflusst. Denn schließlich sind Museen Wissensspeicher und Bewahrer unseres kulturellen Gedächtnisses.
Sie haben einerseits die Aufgabe, Hergebrachtes und Tradiertes zu bewahren und müssen gleichzeitig auf der Höhe der Zeit bleiben und unsere Chronik immer weiter fortschreiben. So werden sie zu „Schatzkammern der Menschheit“, um den früheren Kultur-Sts in Baden-Württemberg Dietrich Birk zu zitieren. 2010 sagte er anlässlich des internationalen Museumstags: „Nirgendwo wird die Welt in ihren unzähligen Facetten so reichhaltig dokumentiert und präsentiert wie in unseren Museen. Museen geben Einblicke in Kunst, Wissenschaft, Technik und Geschichte“. Der Internationale Museumstag – den gibt es dieses Jahr schon zum 42. Mal gibt – ist eine perfekte Gelegenheit, um unsere Schatzkammern zu öffnen und auf besondere Weise der Bevölkerung zu zeigen.
Hier in Flacht machen Sie das vorbildlich, indem Sie den Tag zum Auftakt nehmen für eine wochenlange Ausstellung und vor allem, indem Sie heute so vielfältige und phantasievolle Aktionen anbieten, getragen von vielen örtlichen Vereinen und Initiativen. Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln, – das sind die fünf Aufgaben, die alle Museen haben. Heute können Sie fast alle Aufgaben gleichzeitig erfüllen, liebe Frau Hornberger. Damit leisten Sie einen ganz maßgeblichen Beitrag dazu, dass sich alle Menschen, die hier in Weissach und Flacht leben, zu Hause fühlen, dass ihr Wohnort, wenn er es nicht schon von Geburt an ist, zur Heimat wird.
Denn Heimat, das ist ja in erster Linie ein Gefühl und es bedeutet, dass man sich mit einem Ort identifizieren kann, dass Vertrauen und Vertrautheit wachsen. Als ich nach dem Abitur nach Freiburg zum Studium kam, hat man mich wegen meiner Sprache belächelt. In unsere WG haben sie mit mir geübt: ich sollte „Wespennest und Geisterle“ sagen und so mancher Ehekonflikt später, davon bin ich fest überzeugt, beruhte auf sprachlichen Missverständnissen zwischen mir mit meinen klaren Hochdeutsch und dem Dialekt meines urschwäbischen Mannes.
Heute wundert sich niemand mehr darüber, dass eine Hessin in Baden-Württemberg lebt und dort sogar zur Volksvertreterin gewählt wurde. Heute gilt es, sich mit Menschen aus Kulturen vertraut zu machen, die viel weiter entfernt liegen als die Rhein-Main-Linie von Stuttgart aus gesehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns gelingen kann, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken .
Sie hier in Weissach und Flacht leisten einen sehr sympathischen und engagierten Beitrag dazu und das nicht nur heute am internationalen Museumstag, der ja als Motto „Museen: Zukunft lebendiger Traditionen“ hat. Ich weiß, dass Sie in Ihrer Gemeinde, in den Vereinen, in der Kirche und verschiedenen Initiativen tagtäglich genau dies tun. Über 1300 Museen und museale Einrichtungen haben wir in Baden-Württemberg. Dazu gehören große und renommierte, häufig staatliche Häuser.
Aber: 55 % der Museen werden von den Gemeinden und Landkreisen getragen. Weissach-Flacht gehört also zu den rund 570 Gemeinden in unserem Bundesland, die ein eigenes Museum betreiben, lieber Herr Dr. Schweikhardt. Ganz herzlichen Dank an Sie und den Heimatverein Weissach und Flacht! Denn Sie leisten einen ganz maßgeblichen und ehrenamtlichen Beitrag dazu. Es ist mehr als ein Beitrag zum Sammeln – Bewahren – Forschen – Ausstellen und Vermitteln. Es ist ein Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft, den ich persönlich für unschätzbar wichtig halte.
Herzlichen Dank dafür und auch dafür, dass Sie mich heute eingeladen haben – ich freue mich sehr darüber und danke für Ihre Aufmerksamkeit.