Ausstellung zum 50. Jubiläum der Galerie Schlichtenmaier
Liebe Familie Schlichtenmaier,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
herzlichen Dank für Ihre Einladung und die Gelegenheit, ein paar Worte an Sie zu richten und Ihnen dabei ganz herzlich zu gratulieren zu Jubiläum. 50 Jahre ist es her, dass Ihr Vater, Herbert Schlichtenmaier , 1969 seinen Kunst- und Antiquitätenhandel gründete und bald hier beim ehemaligen Malteserschloss in Dätzingen in der Gemeinde Grafenau seine Räumlichkeiten bezog. Es sollte sich spätestens ab 1979 als typisches Familienunternehmen entpuppen, bei dem zunächst die Mutter half, gefolgt von den drei Söhnen, dem erstgeborenen Harry, dessen frühen Tod wir heute besonders schmerzlich empfinden, und den beiden Zwillingsbrüdern Bert und Kuno. Alle halfen sich gegenseitig, im Betrieb, der immer größer wurde, und beim Studium, das sie alle drei Söhne mit einer Promotion in Kunstgeschichte abschlossen.
Dieser wissenschaftliche Hintergrund ist bedeutender Teil der Arbeit der Brüder, die die Galerie erfolgreich weiterentwickelt haben, mit einem sich ins 20. Jh. öffnende Galeriekonzept. Verstärkung erfahren sie seit jüngster Zeit durch die Herren Baumann und Kromeier, die ebenfalls hohe fachliche Kompetenz mitbringen.
2003 kam mit dem Zweitsitz in der Landeshauptstadt am Kleinen Schlossplatz in zentraler Lage und in direkter Nachbarschaft zum Stuttgarter Kunstmuseum ein zweiter exklusiver Repräsentationsort dazu. Anlässlich Ihres Jubiläums haben Sie zwei Ausstellungen konzipiert und dazu zwei eindrückliche Kataloge vorgelegt: Einmal „Schlichtenmaier classic“ und zum zweiten widmen Sie sich hier in Dätzingen der zeitgenössischen Kunst unter dem Stichwort „What’s up“.
Beide Bereiche, die klassische Moderne und die zeitgenössische Kunst, lassen sich nicht immer haarscharf trennen. Insgesamt ist Ihnen die Weiterentwicklung Ihres Galerieprogramms in der Ergänzung der Kunst der Moderne um neu besetzte Positionen der Gegenwart nach 1945 ein wichtiges Anliegen und Kennzeichen Ihrer Arbeit. Robert Schad, Monika Tirler oder Thomas Putze etwa, (der ja heute Nachmittag schon eine Performance dargeboten hat,) sind nur drei der Künstlerinnen und Künstler, die Sie relativ neu ins Galerieprogramm aufnehmen konnten.
Im Herbst letzten Jahres bin ich Robert Schad bei uns im Landtag begegnet. Ich durfte mich, lieber Günter Baumann, als Vizepräsidentin des Landtags kurzfristig in die Führung einschmuggeln, zu der die Galerie in den Tunnel eingeladen hatte, der das Haus der Abgeordneten und das Haus des Landtags verbindet – dort ist es auch jetzt im Moment bestimmt schön kühl. Er führt unter der stark befahrenen Konrad-Adenauerstraße hindurch, die die Stuttgarter Kulturmeile so bitter durchschneidet und eben auch unsere beiden Häuser. Durch Ihre Einladung hatte ich die Gelegenheit, diesen beeindruckenden Künstler, kennenzulernen und seine eigenen Erläuterungen zu dem von ihm „Stuttgarter Weg“ genannten Verbindungstunnel zu hören. Er hat dort 1986 aus mehreren Tonnen Stahl ein richtiges „Liniengewitter“ geschaffen, das dem sehr nüchtern weißen Tunnel eine überaus gelungene Blickführung beschert. Ich freue mich jedes Mal darüber, wenn ich diese Strecke laufe.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass der Erfolg oder Misserfolg eines jeden Unterfangens immer auch vor allem vom Engagement des Einzelnen abhängt, in diesem Fall von einer Familie. Damit bin ich beim eigentlichen Kern meiner Begrüßung angelangt, denn ich möchte meinen großen Respekt zollen vor so viel Hingabe, die Sie, liebe Familie Schlichtenmaier, Ihrer Galerie gewidmet haben und widmen. Nur profundes Fachwissen macht noch lange keinen Galeristen aus. Er muss ein Gespür haben, ein Gespür für die Kunst in qualitativen Maßstäben gemessen, aber auch ein Gespür für die Menschen, für den Kunden. Denn auch die Kunden sind so vielfältig wie die Kunst.
Man muss ihr Vertrauen gewinnen können, man muss ein guter Vermittler sein, also die Gemälde, Skulpturen oder Grafiken auch in den Kontext einordnen und erkläutern können. Darin ist das Team Schlichtenmaier regelrechter Meister. Man merkt Ihnen allen an: Sie sind Profis in allen Belangen, dabei authentisch, lebensnah und weltoffen und natürlich arbeiten sei auch nach kaufmännischen Gesichtspunkten.
Keine zweite Privat-Galerie in der Region Stuttgart ist so vernetzt, hat so viele bedeutende, etablierte Künstlerpositionen in ihrem Programm, von der Klassischen Moderne bis hin zur Gegenwartskunst, wie die Galerie Schlichtenmaier. Sie zählen sogar zu den top-ten unter den deutschen Galerien insgesamt.
Allein die Liste der Künstler, denen Sie Ausstellungen gewidmet und zu denen Sie Kataloge herausgegeben haben, ist beträchtlich, 190 sind es jetzt wohl. Adolf Hölzel, um nur einen zu nennen, neben Wassily Kandinsky einer der Wegbereiter der Abstraktion, wurde schon früh und Jahre bevor es die große Ausstellung im Stuttgarter Kunstmuseum gab, von Ihnen gefördert.
Nachdem Hölzel 1905 an die Königlich Württembergische Akademie berufen wurde, hat sich Stuttgart zu einer Hochburg der Moderne entwickelt. Er war, nebenbei bemerkt, ein überaus wichtiger Befürworter des akademischen Frauenkunststudiums und hatte die „Klasse der Damen“ wiederbelebt.
Ihre frühere Mitarbeiterin, Corinna Steimel, hat dem Thema in der städtischen Galerie Böblingen im Jahr 2015 einmal eine eigene, sehr eindrückliche Ausstellung (mit einem hoch interessanten Katalog) gewidmet. Gemeinsam mit Dr. Bert Schlichtenmaier hat die Adolf Hölzel- Stiftung sein ehemaliges Wohnhaus in Degerloch wieder zugänglich gemacht und als Archiv und Treffpunkt für Veranstaltungen etabliert. Gerade soll es saniert und für zukünftige Ansprüche fit gemacht werden. Ich darf hier vielleicht auf den Spendenaufruf verweisen, den es dazu gibt.
Dies ist nur ein Bespiel dafür, wie engagiert sich die Geschäftsleitung auch ehrenamtlich in der Kulturszene in der Region Stuttgart engagiert. Zu Ihrem vielfältigen Engagement gehört auch die Nachlassverwaltung . Es gibt einige Künstler im Programm, von denen Sie, sei es mangels Nachfahren oder aufgrund bewahrender Gesichtspunkten, umfangreiche Nachlässe verwalten, um sie für die Nachwelt zu erhalten.
Als Politikerin schätze ich diesen Einsatz ganz besonders, denn wenn Sie als Privatleute oder Unternehmer diese Aufgabe nicht erfüllen, landen die Wünsche hinsichtlich einer Nachlassverwaltung unweigerlich bei der öffentlichen Hand – ich kann davon berichten.
Umgekehrt weiß ich, dass wir von der Politik Sie mit etlichen Vorgaben belasten: sei es der Provenienznachweis, oder denken wir nur an die Diskussionen um die Mehrwertsteuer oder das Kulturgutschutzgesetz. Bei Letzterem sind Sie, lieber Herr Dr. Kuno Schlichtenmaier, ausgewiesener Experte. 2012 wurden Sie zum ersten Mal und 2016 zum zweiten Mal als eines von fünf Mitgliedern in den Sachverständigenausschuss Kulturgut in Baden-Württemberg berufen.
Für mich ist die Galerie Schlichtenmaier in solchen politischen Fragen immer auch erster Ansprechpartner, und ich danke Ihnen sehr herzlich dafür, dass Sie bereit sind, mir als Laien mit Ihrem Expertenwissen auszuhelfen. Und Sie leisten auch extrem viel für Förderung von Künstlerinnen und Künstler, machen Verkaufsausstellungen, bringen sie mit einflussreichen Sammlern in Kontakt, stellt sie einer breiteren Öffentlichkeit auf den renommierten Messen in Köln, Karlsruhe und München vor, etc.
Wir wissen, wie wichtig eine lebendige und innovative Kunstszene für unsere Gesellschaft Kunst und Kultur setzen Kreativität frei, setzen Impulse, zeigen uns neue Perspektiven auf – etwas, was uns allen, privat, beruflich und auch politisch unbedingt gut tut. Deswegen: Kunst und Kultur haben bei uns in Baden-Württemberg seit jeher eine große Bedeutung.
Wir haben eine große Vielfalt an Orchestern, Theatern, soziokulturelle Einrichtungen, Kunst- und Musikschulen, Kunstvereinen und –verbänden und natürlich zahlreiche Museen und Galerien. Dazu kommt ein breit gefächertes und gefächertes und über die Landesgrenzen hinaus geschätztes Ausbildungsangebot.
Aber wie attraktiv ist Baden-Württemberg für die jungen Künstlerinnen und Künstler nach ihrem Abschluss als Standort ihres Schaffens und Wirkens? Eine Studie der Kunststiftung ist dieser Frage vor sechs Jahren nachgegangen („(K)ein Ort für junge Künstler?“, 2013). Denn was wir damals und auch heute beobachten, ist, dass einzelne Künstler ihre Tätigkeit von BW nach Berlin oder in andere Zentren verlagern, wo die Kunstszene als „spannender“ gilt. Das Ergebnis der Studie macht deutlich, dass nicht nur finanzielle und strukturelle Faktoren ausschlaggebend sind – die bei uns ja durchaus positiv zu bewerten sind – sondern ganz zentral auch Anerkennung, Sichtbarkeit und Austausch.
Gerade den Galerien kommt hier eine große Bedeutung zu, denn sie schaffen genau das: eine Umgebung des Gesehen-Werdens, der Wertschätzung und des Austauschs. Zahlreiche Künstler verdanken ihre Bedeutung nicht zuletzt der Vermittlungsarbeit der Galerien.
Das heutige Jubiläum ist für mich nicht nur Anlass zur Gratulation, sondern auch zum aufrichtigen Dank für Ihr großes Engagement und für Ihre herausragende Arbeit, die nicht an der Türschwelle Ihrer Galerien endet. Sie leisten darüber hinaus einen großen Beitrag zur Bereicherung der regionalen Kunstszene. Davon konnte ich mir schon bei vielen Gelegenheiten ein Bild machen, z.B. beim Skulpturenpfad des Landkreises bei Ehningen, dem Johannes-Brenz-Skulpturenweg in Weil der Stadt im Luther-Jahr oder beim Jazz hier im Innenhof des Schlosses.
Wir können ohne Zweifel feststellen: Die Galerie Schlichtenmaier hat die Kunstlandschaft in Baden-Württemberg entscheidend geprägt. In diesem Jahr kann die Galerie Schlichtenmaier auf eine erfolgreiche 50-jährige Geschichte zurückblicken. Aber Sie können, liebe Familie Schlichtenmaier, genauso optimistisch nach vorne blicken und ihr Programm in Zusammenarbeit mit dem durch Günter Baumann und Kay Kromeier erweiterten und verjüngten Team weiterhin nach »vorne« orientieren.
Dabei wünsche ich Ihnen weiterhin alles Gute.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.