Auf Einladung von Thomas Hepperle besuchte Sabine Kurtz den von ihm angelegten Birnensorten-Erhaltungsgarten beim Unteren Frickhof in Owingen-Billafingen.
Ende der 1980er Jahre war die Zahl der Birnenbäume in Baden-Württemberg durch veränderte Produktionsbedingungen und Ernährungsgewohnheiten um mehr als zwei Drittel im Vergleich zur Zeit vor dem zweiten Weltkrieg gesunken. Mit den Bäumen verschwand nicht nur ein jahrhundertealtes Kulturgut; auch viele Sorten und die genetische Vielfalt gingen verloren. Besonders stark betroffen waren die Wirtschaftsbirnen, aus denen bspw. Most oder Dörrobst hergestellt wurde.
Der ambitionierte Agrarwissenschaftler Thomas Hepperle wollte diesem unwiederbringlichen Verlust nicht länger zusehen. Er arbeitete ein Konzept zur Sortenerhaltung aus und pflanzte ab 1990 die ersten Wirtschaftsbirnensorten auf dem Unteren Frickhof. Seit 2011 unterstützt die Heinz-Sielmann-Stiftung das Projekt. Das Spektrum wurde erweitert; seither werden auch Tafelbirnensorten angepflanzt. Heute findet man auf dem Unteren Frickhof über 500 verschiedene Birnensorten, die teils längst aus der Landschaft verschwunden sind.
Der landschaftsprägende Streuobstbau mit seinen vielfältigen ökonomischen und ökologischen Funktionen ist nur mit einem breiten Sortenspektrum möglich. Zudem ist es wichtig, diesen genetischen Schatz für die Forschung zu sichern. Dr. Ulrich Mayr und Dr. Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum Obstbau in Bavendorf (KOB), wo der Sortengarten „Unterer Frickhof“ seit einigen Jahren angegliedert ist, erläuterten der Staatssekretärin, wie sie durch Züchtung versuchen, mit Hilfe fast vergessener Sorten die Widerstandskraft von Obstbäumen gegen Krankheiten, Schädlinge und auch Wetterextreme zu stärken. Dadurch kann der Einsatz von Pflanzenschutzmittel reduziert und der wirtschaftliche Ertrag gesichert werden. Letzteres ist essentiell, wenn die Streuobstkonzeption des Landes Baden-Württemberg nachhaltig wirken soll. Daneben spielt auch die Daseinsvorsorge in Form gesunder heimischer Lebensmittel eine immer wichtigere Rolle angesichts der aktuellen globalen Veränderungen.
Weiterführende Informationen und Links:
https://www.kob-bavendorf.de/sortengaerten-am-kompetenzzentrum-obstbau-bodensee.html
https://www.kob-bavendorf.de/birnenerhaltungsgarten-am-unteren-frickhof.html
Birnensorten im Streuobstbau – ein vergessenes Kulturerbe (Broschüre, Thomas Hepperle, Verlag Lorenz Senn)