Begrüßung zur EAK-Landestagung

Meine sehr geehrte Damen und Herren,

 

im Namen des EAK-Landesvorstands begrüße ich Sie alle sehr herzlich zu unserer diesjährigen Landestagung in Reutlingen. Wir freuen uns sehr über Ihr Kommen!  Sie zeigen damit Ihre Verbundenheit mit dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU und Sie beweisen, dass wir mit  „Christ & Wirtschaft“ heute ein Thema aufgreifen, das viele Menschen interessiert.

 

„Ethisch motiviertes Handeln und unternehmerischer Erfolg schließen einander nicht aus“, dies betont der Unternehmer Heinrich Deichmann als überzeugter Christ immer wieder gerne auch in der Öffentlichkeit. Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer teilen diese Auffassung. Viele schließen sich auch einem der verschiedenen christlichen Unternehmerverbände an. Alle zwei Jahre richten diese Verbände gemeinsam mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea den Kongress christlicher Führungskräfte aus – unter dem Motto „Mit Werten in Führung gehen“. Er hat sich zum größten Wertekongress im deutschen Sprachraum entwickelt. Der EAK-Bundesverband ist bei dieser Tagung regelmäßig mit einem Stand vertreten.

 

Meine Damen und Herren, sozial- und erziehungswissenschaftliche Forschungen betonen, dass Menschen sich  Wertevorstellungen nicht rational aneignen. Stattdessen müssen sie mit Emotionen, mit persönlichen Erfahrungen im eigenen Leben verbunden sein, damit sie einem sozusagen in Fleisch und Blut übergehen. Man muss also im Alltag am eigenen Leib Nächstenliebe, Aufrichtigkeit, Respekt vor den Mitmenschen und Achtung vor der Schöpfung positiv erfahren haben, damit man diese  Werte für sich selbst als handlungsleitend übernimmt. Das beginnt im frühen Kindesalter – und der EAK hat sich immer wieder mit Bildung und Erziehung befasst – diese Werte müssen  aber auch später z.B. im Unternehmen und am Arbeitsplatz  gelebt werden. Wer sich selber wertgeschätzt fühlt, wer sich als Gotteskind anerkannt und wahrgenommen fühlt, ist auch bereit, dies an Kolleginnen und Kollegen zurückzugeben. So entsteht ein gutes Betriebsklima. Und das wirkt sich meistens auch auf den Betriebserfolg aus.

Christliche Wurzeln haben bei der Entwicklung unserer  Wirtschaftsordnung in der Bundesrepublik – der Sozialen Marktwirtschaft – eine prägende Rolle gespielt. Wir wissen vom Einfluss der katholischen Soziallehre auf die Soziale Marktwirtschaft. Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer weist außerdem darauf hin, dass der Freiburger Bonhoeffer-Kreis schon 1942/43 Überlegungen für eine christliche Fundierung einer künftigen Wirtschafts-, Sozial- und Rechtsordnung anstellte, die dann nach Kriegsende wirksam wurden.

 

Einer der Begründer der Sozialen Marktwirtschaft, der Ökonom und Sozialphilosoph Wilhelm Röpke (1899-1966), hat festgestellt: „Das Maß der Wirtschaft ist der Mensch, das Maß des Menschen ist sein Verhältnis zu Gott.“ Der Mensch wird in der Sozialen Marktwirtschaft damit nicht als Produktionsfaktor gesehen, sondern auch als Ebenbild Gottes. Daher stellt die Soziale Marktwirtschaft den Menschen in den Mittelpunkt und betont die Würde jedes einzelnen Individuums und zielt auf den Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Unternehmer Werner M. Bahlsen, Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, hat deshalb zu Recht betont: „Die Soziale Marktwirtschaft ist die Gesellschaftsordnung, die dem christlichen Menschenbild am besten entspricht.“

 

Die Entscheidung für die Soziale Marktwirtschaft war eine der zentralen Weichenstellungen der deutschen Nachkriegsgeschichte und gehört zum Markenkern der CDU. Der wirtschaftliche Wiederaufbau und die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg sind ohne die Soziale Marktwirtschaft gar nicht denkbar, und zu Recht gilt sie auch in der Europäischen Union als gutes Modell. Es ist daher zu begrüßen, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten gestern in Göteborg darauf geeinigt haben, die Sozialpolitik in den Blick zu nehmen.

 

Allerdings gerät die Soziale Marktwirtschaft heute durchaus in Bedrängnis. Es werden Zweifel daran laut, ob sie auch in Zukunft Wirtschaftswachstum mit sozialer Teilhabe in Einklang bringen kann.

Die Globalisierung, die Digitalisierung und auch der demografische Wandel stellen uns vor enorme Herausforderungen. Die Globalisierung bringt zunehmende internationale Verflechtungen in Wirtschaft, Politik, Umwelt und Kommunikation mit sich. Einzelne Nationalstaaten sind heute viel weniger als früher in der Lage, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land festzulegen.

 

Viele Menschen haben zwar von dem Anstieg des Welthandels und von wirtschaftlichem Wachstum profitiert. Gerade bei uns in Baden-Württemberg wird das Geld ja schwerpunktmäßig durch den Export verdient. Aber es gibt auch Verlierer – in Deutschland und weltweit. Unser Wohlstand ist zum Teil teuer erkauft – auf Kosten von Menschen in ärmeren Ländern, die unter Hungerlöhnen, unmenschlichen Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung leiden – denken Sie an die Textilproduktion, an so manche Möbelherstellung, an die Steinbrüche in Indien, in denen mit Kinderarbeit Marmor für unsere Küchenplatten und Grabsteine gewonnen wird.

 

Auch die Digitalisierung bereitet vielen Menschen Sorgen. Sie beeinflusst nicht nur die Produktion, sondern ganze Wertschöpfungsketten, Märkte, Branchen und natürlich auch den Arbeitsmarkt. Sie macht die Arbeitswelt flexibler und mobiler – den Wettbewerb aber auch dynamischer und härter. Sie verändert stabile und alt vertraute Beschäftigungsverhältnisse. Denn intelligente Systeme scheinen immer öfter den Menschen nicht nur in der Produktion, sondern auch im Dienstleistungssektor überflüssig zu machen.

 

Gleichzeitig bedroht der demografische Wandel Grundlagen unserer sozialen Marktwirtschaft. Denn der Generationenvertrag scheint ins Wanken zu geraten. Die sozialen Sicherungssysteme, allen voran das Rentensystem, scheinen nicht mehr garantiert zu sein.

 

Diese Herausforderungen gilt es zu bewältigen. Denn klar ist auch: Nur eine erfolgreiche Wirtschaft  kann einen starken Sozialstaat finanzieren. Das Geld, das verteilt wird, muss zuvor verdient werden und über Steuern eingenommen werden. Wir Deutschen können Beispiele geben, wie wertvoll und bedeutsam eine soziale Grundlage auf der Basis unseres christlichen Menschenbildes für ein Wirtschaftssystem ist. Die Werte, die diesem System zu Grunde liegen, müssen aber gelebt  werden.

 

Daher ist es so wichtig, dass wir immer wieder daran erinnern, dass wir sie in der Erziehung und Bildung unserer Kinder an die nächste Generation weitergeben. Und es ist wichtig, dass Unternehmerinnen und Unternehmer und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sie in ihrem Berufsalltag pflegen.

Ich bin jetzt sehr gespannt, welche Gedanken und Impulse wir heute noch zum Thema „Christ & Wirtschaft“ hören werden.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.