02|2017 Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Sicherheit – Gefährder ins Visier nehmen – Balance von Sicherheit und Freiheit erhalten

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass der Staat ihre Sicherheit im eigenen Land garantiert. Gerade der CDU, die die innere Sicherheit als Kernaufgabe der Politik versteht, ist der Schutz der Menschen ein besonderes Anliegen. Die CDU-Landtagsfraktion und der CDU-Landesverband Baden-Württemberg haben sich deshalb in ihren Klausurtagungen im Januar 2017 in Heidelberg bzw. Kloster Schöntal intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Wir sind uns einig, dass die aktuelle Situation ein umfassendes und vernetztes Sicherheitsdenken erfordert.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundesjustizminister Heiko Maas haben Anfang Januar Maßnahmen des Bundes in diesem Zusammenhang vorgestellt. Parallel dazu handelt auch Baden-Württemberg konsequent im Rahmen seiner Zuständigkeit und stellt sich seiner Verantwortung.

Unsere Polizei und unser Verfassungsschutz leisten hervorragende Arbeit. Wir wollen ihnen die technischen und rechtlichen Möglichkeiten und Instrumente an die Hand geben, damit sie die Bürgerinnen und Bürger noch besser schützen und bei Aufklärung und Prävention noch schneller und effektiver handeln können. Wir begrüßen es daher, dass unser Innenminister Thomas Strobl das Polizeirecht reformieren und zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Land ergreifen will. Er hat sich damit innerhalb der Regierungskoalition mit den Grünen überzeugend durchgesetzt.

 

Gefährder ins Visier nehmen

Gerade beim Umgang mit sog. Gefährdern, also Personen, von denen angenommen werden muss, dass von ihnen die Gefahr massiver Straftaten ausgeht, brauchen wir möglichst schnell ein effektiveres und besseres Instrumentarium. Dies schließt die Nutzung der neuesten Technik ein. Die grün-schwarze Landesregierung wird deshalb das Polizeigesetz weiterentwickeln, um diesen Personenkreis intensiver und entschlossener überwachen zu können.

 

Maßnahmen im Bereich der Telekommunikationsüberwachung

Folgende konkrete Maßnahmen sind im Bereich der Telekommunikationsüberwachung in Baden-Württemberg geplant oder angedacht:

·      die präventive Erhebung von Kommunikationsverbindungsdaten

·      die präventive Telekommunikationsüberwachung (TKÜ)

·      die sogenannte Quellen-TKÜ

·      die Online-Durchsuchung von Computern

Damit wird das Ziel verfolgt, der Polizei präventiv zusätzliche Handlungsmöglichkeiten zu geben und sie im Anti-Terrorkampf nicht erst dann in Gang zu setzen, wenn eine konkrete Gefahr unmittelbar droht. Die Sicherheitsbehörden sollen auch ohne konkreten Gefahrenverdacht vorsorglich Daten sammeln dürfen.

Beim Zugriff auf Kommunikationsverbindungsdaten geht es nicht um Gesprächsinhalte, sondern darum, die bundesgesetzlich bereits geregelte Speicherung von Verbindungsdaten, z.B. Nummern oder IP-Adressen, zu nutzen. Das macht die Polizei schon bisher, allerdings fast ausschließlich zur Ortung von Mobiltelefonen von Menschen in akuter Lebensgefahr. Künftig soll dies auch vorbeugend möglich sein, um zu festzustellen, wer wann und wie lange mit wem kommuniziert.

Die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglicht das Abhören von Telefonaten oder das Mitlesen von E-Mails. Bislang ist dieses Instrument in Baden-Württemberg nur zur Strafverfolgung zulässig, es darf aber – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – nicht präventiv angewandt werden. Dies wollen wir ändern.

Prüfen möchte das Innenministerium die Einführung der sogenannten Quellen-TKÜ. Damit könnten auch verschlüsselte Internet-Telefonate, etwa via Skype, überwacht werden. Durch die “Überwachung an der Quelle”, das heißt vor dem technischen Vorgang der Verschlüsselung, wäre es möglich, Kenntnis von heimlich bzw. im Untergrund agierenden Netzwerken zu erhalten.

Ebenfalls geprüft werden soll ein möglicher Einsatz von sog. „Trojanern“, um aus der Entfernung auf Daten zugreifen zu können, die auf Computern gespeichert sind. Mit dieser Online-Durchsuchung hätten Ermittler einen verdeckten Zugriff auf Festplatten fremder Rechner.

 

Intelligente Videoüberwachung

Parallel dazu prüft das CDU-geführte Innenministerium derzeit die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz intelligenter Videoüberwachung. Diese beschränkt sich nicht auf die Erfassung und Speicherung von Videobildern, sondern verarbeitet die Sequenzen mit Hilfe einer Bildauswertungssoftware. Das System vergleicht die Daten mit vorgegebenen Mustern und schlägt zum Beispiel Alarm, wenn eine Person länger am Boden liegt oder ein Gepäckstück nicht bewegt wird. Der Vorteil liegt darin, dass die Polizeibeamten nicht ständig selbst am Bildschirm sitzen müssen und stattdessen anderweitig eingesetzt werden können. Mit relativ geringem Aufwand kann die intelligente Videoüberwachung gerade an Kriminalitäts- und Gefahrenschwerpunkten einen großen Beitrag zur Verbrechensbekämpfung leisten und somit ein deutliches Plus an Sicherheit bewirken. Sie hilft nicht nur dabei, bereits begangene Straftaten aufzuklären, sondern kann auch der Abschreckung dienen.

Um die Möglichkeiten der intelligenten Videoüberwachung bestmöglich anwenden zu können, schlägt die CDU Baden-Württemberg die Einrichtung eines gemeinsamen Kompetenz- und Entwicklungszentrums „Intelligente Videoüberwachung“ von Bund und Ländern mit Sitz in Stuttgart vor. Wir wollen damit erreichen, dass Deutschland auf diesem Gebiet technologisch wie einsatzstrategisch führend wird und Baden-Württemberg dabei eine Vorreiterrolle einnimmt.

Ergänzend sollen auch die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für mobile Video-Überwachungseinheiten geschaffen werden, um diese anlassbezogen einsetzen zu können.

 

Personalaufstockung bei der Polizei

Die CDU hat sich in den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen erfolgreich für mehr Polizeibeamte und eine bessere Ausrüstung der Polizei eingesetzt. In einem ersten Schritt werden im Haushalt 2017 über 380 neue Stellen geschaffen. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 soll es insgesamt 1.500 zusätzliche Stellen geben.

 

Bessere Ausstattung der MEK

Die Mobilen Einsatzkommandos (MEK) bei der Polizei haben u.a. die Aufgabe, Gefährder zu überwachen: Bei der dafür erforderlichen Sachausstattung gibt es bisher Defizite insbesondere bei der nächtlichen Überwachung. Um die Polizei besser auszurüsten, setzt sich die CDU-Landtagsfraktion dafür ein, eine Million Euro für technische Ausrüstung zur Überwachung von Gefährdern durch die Mobilen Einsatzkommandos (MEK) bereitzustellen.

 

Konsequentere Abschiebungen

Die CDU begrüßt die Ankündigung des Bundesinnenministers, die Voraussetzungen für die Abschiebehaft zu lockern. Es ist wichtig, dass der Bund bei der Abschiebehaft einen neuen Haftgrund für Gefährder prüft und damit den Ländern die notwendige Rechtsgrundlage gibt. Künftig sollen damit Ausländer, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit betrachtet werden, inhaftiert werden können.

In der Vergangenheit wurden Rückführungen in Baden-Württemberg nicht mit der nötigen Konsequenz vorgenommen. Inzwischen wird dies anders gehandhabt: Wer ausreisepflichtig ist, muss in sein Heimatland zurückkehren oder notfalls dorthin abgeschoben werden.

 

Ausbau des Verfassungsschutzes

Die Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) sind in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen. Insbesondere beim islamistischen Extremismus und Terrorismus sowie beim Ausländerextremismus haben sich die Herausforderungen national und international deutlich verschärft. Die CDU-Landtagsfraktion fordert deshalb zusätzliche Stellen beim Verfassungsschutz im zweistelligen Bereich. Erfreulich ist, dass wir die Grünen davon überzeugen konnten, dass der Verfassungsschutz notwendig ist und deshalb nicht abgeschafft, sondern verstärkt werden muss.

 

Ohne Sicherheit keine Freiheit, ohne Freiheit keine Sicherheit

Die Menschen in Baden-Württemberg sollen sich nicht nur sicher fühlen, sondern auch sicher sein. Im Angesicht von Terrorgefahr und Extremismus konsequent und besonnen zu handeln ist eine große Herausforderung für die Regierung eines Landes, das auf den Bürger- und Menschenrechten fußt und ihnen absolute Priorität einräumt. Aber: Freiheit und Sicherheit bedingen einander. Nur wer sich sicher fühlt und mit dem Schutz seiner Sicherheit durch den Staat rechnen kann, kann sein Leben auch in Freiheit führen. Wir wollen den neuen Herausforderungen und Bedrohungen daher mit klugen, sinnvollen und verhältnismäßigen Maßnahmen begegnen. Damit bleiben wir unserer klaren Linie treu: Die CDU steht für einen starken und wehrhaften Rechtsstaat, der das Leben und die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger wirksam schützt.